Obwohl uns Customer Development einen unglaublichen Einblick in die Probleme des Marktes bieten kann, braucht es viel Zeit – Zeit, die verschwendet wird, wenn wir es falsch machen. Und noch schlimmer – schlecht formulierte Fragen können dazu führen, dass wir die falschen Schlüsse darüber ziehen, was die Leute wollen. Die besten Fragen erfordern es nicht, dass Kunden über ihr Verhalten spekulieren müssen. Hier werde ich echte Beispiele von meinen schlechten Fragen und Fehlern mit Dir teilen und einige bessere Alternativen anbieten.
Wenn Du mit Customer Development anfängst, wirst Du Dich darauf vorbereiten, mit vielen potentiellen Kunden zu sprechen. Du hast mit einer Idee angefangen, hast Deine Hauptannahmen aufgeschrieben, und hast damit angefangen Deine Kontakte durchzugehen, um zu schauen, wen Du befragen kannst. Fantastisch! Das ist schon mal ein guter Anfang. Durch persönliche Gespräche mit Kunden gewinnst Du Erkenntnisse, die Du durch Umfragen und Klicks nicht erlangen kannst.
Leider ist das Führen von persönlichen Customer Development-Interviews eine Fähigkeit, die geübt sein will. Ich mache es seit fünf Jahren, und ich lerne immer noch dazu. Ich habe schon so oft die falschen Fragen gestellt und hinterher realisiert, dass ich meine Zeit verschwendet habe, oder – noch schlimmer – dass ich falsche Schlussfolgerungen gezogen habe und die falschen Produkte entwickelt habe.
„Nichts gelernt”-Fragen sind Fragen, aus denen keine Erkenntnisse gewonnen werden können, sondern die nur Zeit verschwenden.
“Was halten Sie von meiner Idee?”
ICH LIEBE ES, über Ideen für Startups zu reden. Um meinen Freund Patrick Smith zu zitieren: „über Startups zu sprechen ist Entertainment, so wie Sport”. Spaß, ja. Bestätigtes Lernen? Nein. Was halten Sie von meiner Startup-Idee? Ist sinnlos, denn wenn meine Idee gut ist, dann wird sie den Leuten gefallen. Wenn sie schlecht ist, wird sie einigen Leuten wahrscheinlich immer noch gefallen. „Wenn Sie zaubern könnten …” Ich weiß, dass Steve Blank dies die „Börsengang-Frage” nennt. Ich nenne es die „zurücklehnen und zuschauen, wie Leute über Dinge schwafeln, die ich nicht entwickeln kann“-Frage. Ich habe diese Frage am Ende von Meetings gestellt und — nachdem ich erst einmal schief angesehen wurde — habe ich dann zugeschaut, wie jemand nur geschwafelt hat. Es bringt mir einfach nichts.
„Können Sie mir erzählen, was für Probleme Sie mit Arztrechnungen haben?”
Ich hatte diese Frage ein paar Mal gestellt, bevor ich merkte, dass Leute nur Druck ablassen, wenn Sie dazu aufgefordert werden, über ihre Probleme zu sprechen, aber keine Erkenntnisse gewonnen werden können. Das gilt vor allem bei komplexen, persönlichen und emotionalen Problemen wie zum Beispiel bei der medizinischen Versorgung. „Also einmal …und dann…aber was mich echt wütend gemacht hat…”
„False-positive“-Fragen
Falsche Schlussfolgerungen sind schlimmer, als gar nichts zu erfahren, und ich nenne „false-positive”-Fragen die Fragen, bei denen uns Kunden das erzählen, was wir hören wollen. Wir wollen alle, dass unsere Produktideen richtig sind – ich will es, du willst es, Steve Jobs wollte es. Obwohl unsere Begeisterung unser größter Vorzug ist, ist sie bei Customer Development gefährlich, da die meisten Leute uns nicht enttäuschen wollen.
„Ich entwickle ein Produkt, mit dem Leute ihre Arztrechnungen verwalten können. Können Sie mir sagen …”
Jede Frage, die mit der Lösung beginnt, beeinflusst automatisch die Erwartungshaltung der Leute. Jemand, der diese Frage hört, konzentriert sich eventuell auf ein nebensächliches Problem, dass er oder sie in der Vergangenheit mit einer Arztrechnung hatte und überzeugt uns davon, dass es sich hierbei um einen wichtigen Schmerzpunkt handelt.
Besser: Überspringen Sie „Ich entwickle ein …“-Einführung.
„Wie bringen Sie ihr HSA-Konto mit Ihren Rechnungen, Belegen und Abrechnungen in Einklang um sicherzustellen, dass Sie zukünftige Steuerentlastungen optimieren?”
Durch „wie führen Sie etwas Komplexes durch, um Ergebnisse zu erzielen”- Fragen gehen einige Leute in die Defensive. Sie können sich regelrecht vorstellen, wie jemand denkt, „Sie meinen, ich soll mit dem ganzen HSA-Papierkram etwas machen um Steuergelder zu sparen? Oh nein, ich bin so ein Idiot, was mache ich falsch?” Natürlich sind Kunden voreingenommen und erzählen uns, dass sie mit etwas Hilfe brauchen, nachdem wir sie dazu geführt haben, ihre eigene Kompetenz anzuzweifeln.
Besser: „Was machen Sie mit den HSA-Dokumenten?”
„Würden Sie Arztrechnungen mit Ihrem iPhone fotografieren?”
Diese Frage führt dazu, dass ein potentieller Kunde uns genau das erzählt, was wir offensichtlich hören wollen. Mit besseren Fragen würden wir Erkenntnisse darüber erlangen, wie sie derzeit vorgehen, und ob sich der zusätzliche Aufwand und die Unannehmlichkeit, unser Produkt zu benutzen, auszahlen könnte.
Besser: „Scannen Sie Arztrechnungen, die Sie per Post erhalten, ein oder legen Sie sie ab?”
Diese Frage ist besser, da sie dadurch jemandem die Möglichkeit geben, uns zu enttäuschen, ohne dass sie es merken – etwas, dass Rob Fitzpatrick den „Mom-Test“ nennt. Nehmen wir in diesem Fall an, dass Deine Hauptannahme darauf beruht, dass man durch das Verwalten von Rechnungen über eine iPhone App im Vergleich zu Ablagen oder Scannern Geld spart. Wenn die Antwort lautet, “Sie einscannen? Dafür bin ich viel zu beschäftigt, ich mache sie nicht einmal auf.” dann hast Du gerade Deine gesamte Firmenvision mit nur einer Frage widerlegt.
Rückblickend war der Grund für meine schlechten Fragen, dass ich nur eine Idee hatte – Ich hatte keine genaue Hypothese, die ich versucht habe zu validieren. Ich versuchte, das Dokumentieren und Prüfen von Annahmen durch Meetings zu ersetzen und verschwendete einfach Zeit. Denke immer daran, dass Customer Development eine große Verpflichtung ist, welche wahnsinnig viel Zeit braucht – Zeit, die Du mit etwas anderem verbringen solltest, wenn Du es nicht richtig machst. Bevor Du ganz viele Meetings planst und Wochen damit verbringst, mit Leuten zu reden, solltest Du Dir Zeit nehmen um darüber nachzudenken, was Du fragen willst, und warum. Das Entscheidende ist, dass Deine Fragen darauf ausgerichtet sind, Deine Annahmen zu prüfen. Ich schreibe sie auf, und das solltest Du auch tun.
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