Ich gebe es zu – ich hasse es, nach Befragungen Notizen zu machen. Aber die Notizen stellen sich später als unersetzlich heraus. Ich bin erst zum SoHelpful-MVP übergegangen, nachdem ich die Gelegenheit hatte, 13 Seiten mit einzeiligen Notizen aus drei Monaten Befragungen durchzugehen und ein offensichtliches Muster bei denen erkennen konnte, die kaufen würden. MVP steht für „Minimum Viable Product“ – ein erstes Angebot als Learning-Prototyp, mit dessen Hilfe Du mit dem geringsten Aufwand das größte Feedback einholst.
Du brauchst nichts Besonderes – ich öffne einfach Microsoft Word und fange an zu schreiben. Ich habe auch andere formellere Systeme ausprobiert, in denen ich Daten festhalten kann, und ob Annahmen Bestand hielten oder widerlegt wurden, Antworten auf Fragen usw. Aber ganz ehrlich, meistens war das mehr Arbeit, als sie es wert war. Meistens gehe ich die Fragen vor dem nächsten Gespräch durch (einige stellen sich nach nur einer Befragung als ziemlich blöd heraus), daher sind „bestanden/durchgefallen-Mechanismen“ schnell veraltet. Ich schreibe einfach auf, was ich über die Person erfahren habe, und über ihre Probleme, Antworten auf spezielle Fragen usw., wie unten beschrieben.
Dies ist der Moment, an dem Du eventuell aufhören möchtest. Du musst verstehen, dass jeder – und damit meine ich wirklich jeden – der jemals diesen Vorgang befolgt hat, sich nach den ersten Befragungen genauso gefühlt hat. Mit überwältigender Wahrscheinlichkeit ist mindestens eine (und vielleicht alle) Deiner Annahmen falsch. Denke doch einen Moment darüber nach – ist es nicht das, was Du erwarten solltest? Hunderttausende von Leuten suchen nach der offensichtlichen Lösung für diese Probleme. Sollte es da nicht schwierig sein, eine Möglichkeit zu finden? Das ist der Moment, an dem der Rest der Welt aufhört – wenn der erste Plan scheitert. Lasse Dich nicht entmutigen: Mach … einfach … weiter…
Konzentriere Dich auf die Person, die Du gerade befragt hast, wenn Du anfängst Notizen zu machen. Was für einen Beruf hat sie? Größtes Problem? So fängst Du an, eine Persona zu gestalten, die auf ihr basiert:
Die Sarah-Persona
Sarah ist 34 Jahre alt, geschieden, und hat einen 8 Jahre alten Sohn namens Dylan, der als autistisch eingestuft wurde. Sie arbeitet Vollzeit in einer Kanzlei und „schafft es gerade so“. Dylan ist alles in ihrem Leben und sie hat am Tag so viel zu tun, dass Sie nie Zeit hat, Anträge an ihre Krankenversicherung zu stellen – der Papierkram stapelt sich einfach auf Ihrem Schreibtisch und sie weiß nicht einmal, wie viel Geld Sie im letzten Jahr durch nicht gestellte Anträge verloren hat.
Sobald Du mit mehreren Kunden gesprochen hast, wirst Du anfangen, schnell Personas zu erkennen – aha, sie ist eine Sarah. Du wirst auch in der Lage sein vorauszusehen, wie sie Deine Fragen beantworten werden. Dadurch wird das Notizen machen wesentlich leichter – „Ich habe gerade mit Joan Wiggins gesprochen – eine Sarah”
Die Geschichte von Alfred und Gordon
Als ich Customer Development betrieb, aus dem letztendlich SoHelpful wurde, begann ich zwei allgemeine Personas zu erkennen:
Alfreds waren Leute, die anderen aus uneigennützigen Gründen halfen (meistens Unternehmer) – sie trafen sich mit Gründern auf einen Kaffee, Sie handelten, soweit Sie Zeit hatten, als Mentoren bei Wochenendveranstaltungen/Accelerators. Sie fanden diese Dinge belohnend und bereichernd – und sie hatten kein Problem.
Gordons, wie Alfreds, halfen anderen auch – aber sie machten das absichtlich, um Kunden zu gewinnen, um Geschäftsbeziehungen aufzubauen und um Ihren Ruf zu verbessern. Sie hatten ein Problem – Termine zu vereinbaren war eine Last, sich auf einen Kaffee zu treffen dauerte lange, und sie fragten sich oft, was sie von der ganzen Sache hatten, außer vielleicht theoretisches „Karma“.
Als ich anfing, habe ich die Alfred/Gordon Unterscheidung nicht vorausgesehen – es brauchte Monate und dutzende Unterhaltungen. Und allmählich begann ich, Leute nach ihrem Maß an Gordon oder Alfred einzuteilen – niemand passte komplett in eine Persona (wir sind Menschen – keine Roboter). „Er ist ungefähr 85% Gordon – weiter bearbeiten”. Während Du das weiter untersuchst, wirst Du irgendwann feststellen, dass Deine ursprünglichen Persona nicht mehr helfen – in meinem Fall, zum Beispiel, wurde Bruder Gordon durch viele „unter-Gordons“ ersetzt, die genauer sind und auf der Industrie, Zielen und Regionen usw. basieren. Um ein neues, wertvolles Produkt auf den Markt zu bringen musst Du der oder die Beste auf der Welt im Kennen Deiner Personas sein – und das ist keine Übertreibung.
Das „was” ist wesentlich einfacher festzuhalten – es sind die Antworten auf Deine Interview-Fragen. Schreibe die Ergebnisse der Fragen auf, und welche Annahmen bestätigt und welche widerlegt wurden. Widerstehe der Versuchung, alles auf Grund von ein paar Unterhaltungen zu ändern – generell brauchst Du ungefähr 10, bevor Du Muster erkennen kannst. Wenn Du Dinge ständig veränderst, wirst Du niemals etwas erreichen (und wirst wahrscheinlich ziemlich deprimiert sein).
Achte besonders auf Momente, in denen der Befragte emotional wird. „Oh mein Gott, das ist ein totaler Albtraum! Mir graut es vor jedem Quartalsende, da wir diese blöden Leistungsbewertungen schreiben müssen.” „Ich liebe Basecamp – wir haben es bei meiner letzten Firma verwendet. Leider müssen wir hier dieses beschissene Microsoft Project verwenden.” Wenn Du solche Kommentare hörst, solltest Du anfangen nachzuhaken. Frage „warum?” und „warum nicht?”. Emotionale Antworten bekommst Du nur, wenn es ein Problem gibt – und es ist Dein Job alles darüber herauszufinden. Frage auch in späteren Befragungen danach.
Profi-Tipp: schreibe die gefühlsbelasteten Wörter und Formulierungen als Zitate auf.
Achte besonders darauf, die genauen Wörter und die genauen Formulierungen aufzuschreiben – Du wirst sie für den Text auf Deiner Startseite und für anderes Marketing-Material brauchen.
10 Minuten, nachdem Du die Befragung beendet hast, wird die Person Dich schon vergessen haben. Wenn Du Verbindung aufnehmen kannst, tue es noch am gleichen Tag. Hoffentlich hast Du nach Kontakten gefragt und diese wurden Dir angeboten. Sollte das der Fall sein, verwende das Einfluss-Prinzip und erinnere sie geschickt daran: „Vielen Dank für Ihr Angebot, mich mit Greg bekannt zu machen … hier ist ein kurzer Text, den Sie an ihn weiterleiten können.” Sende die E-Mail mit der Bitte um Bekanntmachung sofort und setze Dich, falls notwendig, auch mit einem Dankanruf in Verbindung.
Schreibe die Ergebnisse Deiner Befragungen auf. Wenn Du noch niemanden befragt hast, bereite die Dokumente oder das System vor, welches Du dazu benötigst.
Leute, die richtig gut in Customer Development sind – meistens diejenigen, die Erfahrungen im Vertrieb haben – halten 1-2 Fragen bereit, die sofort helfen, Zielkunden herauszufiltern. Diese „Killerfrage” ist wichtig, weil Du damit Customer Development in nur einigen Sekunden durchführen kannst. Hier ist ein Beispiel:
Stelle Dir vor, Du bist auf einer Party und ein Gast erwähnt, dass sie ein Kind hat, welches eine besondere Förderung benötigt. Du fragst:
Du: „Wow, ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schwer das ist. Der ganze Versicherungspapierkram ist doch bestimmt ein Albtraum.”
Keine-Sarah: „Eigentlich ist es gar nicht so schlimm. Mein Mann arbeitet bei Microsoft und die kümmern sich um alles.”
Du erkennst sofort, dass es sich nicht um eine Sarah handelt, um unser oben stehendes Beispiel zu nehmen – und Du weißt jetzt auch, dass Du herausfinden musst, wie viele Firmen wie Microsoft solche Art von Unterstützung anbieten. (Nicht viele, falls Du neugierig bist). Das sind viele neue Informationen mit nur einer Frage. Deine „Killerfrage” ist normalerweise eine Frage, die sofort die risikoreichste Annahme Deines Models entwerten kann. Stelle Dir vor, wie nützlich es sein kann, Plan 2 mit nur einer Frage erreichen zu können?
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